Die Münchner Stiftung Pfennigparade engagiert sich seit vielen Jahren für Menschen mit Behinderung und unterstützt sie in der Lebensführung. Nachdem wir quasi Nachbarn sind, war der Weg nicht weit und so habe ich mir vor Ort ein Bild von der Einrichtung gemacht. Die beiden Vorstände der Pfennigparade, Dr. Jochen Walter und Prof. Dr. Wolfgang Wasel, und Konstanze Riedmüller, die Projektleiterin des neu entstehenden Mehrgenerationenprojekts „Forum am Luitpold“, haben mir die Werkstätten, das Atelier und die Ernst-Barlach-Schule gezeigt.
Außerdem konnte ich zwei Unternehmen in Augenschein nehmen, die sich in der Pfennigparade angesiedelt haben.
Der Verein Pfennigparade entstand nach dem zweiten Weltkrieg aus einer Bürgerinitiative zugunsten von Kindern, die an Polio erkrankt waren. Angelehnt an den „March of Dimes“, der in Amerika stattfand, und bei dem – ebenfalls zugunsten Polio-Erkrankter – Geld („Dimes“) gesammelt wurde, gab sich die Stiftung den Namen „Pfennigparade“ und finanzierte zunächst zahlreiche Polio-Impfungen.
Die Pfennigparade kümmerte sich auch darum, betroffene Kinder am Krankenbett zu unterrichten und konnte – mit Spendengeldern finanziert – ein paar Jahre später gegenüber vom Schwabinger Krankenhaus, in dem die meisten Kinder untergebracht waren, eine eigene Schule errichten. Das war der Ursprung der Stiftung Pfennigparade, die im Jahr 1979 aus dem Verein Pfennigparade gegründet wurde, und nach und nach entwickelten sich weitere Tätigkeitsfelder, darunter eine Schule für Erkrankte und erste Wohnungen. Das in meinem Wahlkreis gelegene Grundstück der Stiftung wurde der Pfennigparade unter Bürgermeister Vogel von der Stadt München für 1€ verkauft. Inzwischen bietet die Stiftung Menschen mit Behinderung Angebote für alle Lebensbereiche. Es gibt dort Schulen und Arbeitsplätze für Menschen mit körperlicher Behinderung, verschiedenste Wohnformen sowie Therapiemöglichkeiten, Fahrdienste, Beratungsangebote, ein Reha-Zentrum und vieles mehr. Im Jahr 2013 bot die Stiftung 434 Plätze für Schülerinnen und Schüler, insgesamt 2095 Arbeitsplätze für Menschen mit und ohne Behinderung und 291 Wohnplätze.
Auch mein Parteikollege, Behindertenbeauftragter der Stadt München und ‚frisch gebackener‘ Stadtrat Oswald Utz, der unter der Glasknochenkrankheit leidet und auf einen Rollstuhl angewiesen ist, hat enge Beziehungen zur Pfennigparade: „Als ich gehört habe, dass Doris Wagner mein ehemaliges „zuhause“ besucht hat, habe ich mich sehr gefreut. Ich habe in der Pfennigparade die Realschule besucht, habe einige Zeit in einer Außenwohngruppe gelebt und vor einigen Jahren war ich auch noch Mieter in der Anlage. Ich habe der Pfennigparade auf meinem Weg in ein selbstbestimmtes Leben viel zu verdanken.“
Inklusion, also das „Einschließen“ aller Menschen und die Anpassung der Struktur an die individuellen Bedürfnisse der Menschen, war ein Thema, das ich mit den Vorständen ganz konkret diskutiert habe. Wir haben u.a. darüber gesprochen, dass die politische Entscheidung zur Inklusion von Kindern mit Behinderung an Regelschulen gefällt wurde, ohne vorher dafür zu sorgen, dass die entsprechenden Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel entsprechende Betreuungsschlüssel, geschaffen wurden. Damit wurde der zweite Schritt vor dem ersten gemacht, was sich nachteilig auf das wichtige Anliegen der Inklusion auswirkt und zu schwierigen Situation sowohl für die betroffenen SchülerInnen als auch für die Schulen führt.
Gerade im Bau befindlich ist das neue Mehrgenerationenprojekt „Forum am Luitpold“, das mich aus demografiepolitischer Perspektive ganz besonders interessiert und das gerade am Tag meines Besuches Richtfest feiern durfte. Konstanze Riedmüller, die verantwortliche Projektleiterin, stellte mir die Planungen vor und ich freue mich, dass in meinem Wahlkreis ein solches Projekt entsteht, in dem Menschen mit und ohne Behinderungen in allen Phasen des Lebens zusammen leben können. Dort entstehen 36 barrierefreie Wohnungen und vier nachbarschaftliche Hausgemeinschaften für insgesamt 16 Personen. Außerdem sind stationäre Wohngemeinschaften für Menschen mit Körperbehinderung geplant. Zudem soll es zahlreiche Therapie-, Pflege- und Beratungseinrichtungen geben sowie für alle Menschen öffentliche Freizeit-, Kultur- und Kreativangebote, um den Kontakt mit den Anwohnerinnen und Anwohnern herzustellen. Es wird eine Kooperation mit der Volkshochschule geben, was ich für eine besonders gute Idee halte.
Anschließend hatte ich die Möglichkeit, einzelne Bereiche der Stiftung Pfennigparade genauer kennen zu lernen und mit den dort arbeitenden Menschen zu sprechen. So war ich zum Beispiel beim OpenWebService, bei dem Menschen mit unterschiedlichsten Behinderungen Websites auf ihre Barrierefreiheit testen und sie – auch in Zusammenarbeit mit den Web-Agenturen – dahingehend optimieren. Dort ist dann auch die Entscheidung gefallen, meine eigene Homepage testen zu lassen. Außerdem konnte ich eine Werkstätte besuchen, in der Dokumente digitalisiert werden. Das Unternehmen schafft eine beeindruckend niedrige Fehlerquote von knapp 1%. Und schließlich die KünstlerInnengruppe „Groupe Smirage“, die Auftragsmalereien anbieten, sowie eigenständig kreativ und mit enormem Enthusiasmus tätig sind.
Zuletzt durfte ich noch kurz mit der Klasse 9b der Ernst-Barlach-Schule sprechen und konnte so einen Einblick in deren Schulalltag gewinnen, in dem SchülerInnen mit und ohne Behinderung gemeinsam lernen.

v.l.n.r.: Doris Wagner MdB, Prof. Dr. Wolfgang Wasel, Ulli Leiner MdL, Werner Otto, Dr. Jochen Walter
Insgesamt ein hochinteressanter Termin und ich bin froh, eine so wertvolle Einrichtung direkt in meinem Wahlkreis zu haben.